Innenhöfe als Ausnützungsreserve
In der Stadt Zürich gehören Blockrandbebauungen mit ihren Innenhöfen zum gewohnten Stadtbild. In den einen befinden sich ruhige, begrünte Innenhöfe und in den anderen Bauten für Gewerbenutzung. Gemäss Bau- und Zonenordnung bestehen für die Innenhöfe und somit für die Hofgebäude unterschiedliche Nutzungsbestimmungen. Diese reichen von den Bebauungsmöglichkeiten analog den Randgebäuden bis zu einem Verbot von weiteren Hofbebauungen.
Die in den Innenhöfen angesiedelten Gewerbe- oder Industriebetriebe sind oft mit Platzmangel oder auch mit Nachbarschaftskonflikten konfrontiert. Nicht selten ist ein Wegzug der Betriebe aus dem angestammten Umfeld eine für alle Parteien optimale Lösung. In der Agglomeration finden sich günstigere Gewerbeflächen, welche verkehrstechnisch besser gelegen und spezifisch auf die entsprechenden Nutzungen ausgerichtet sind. Als Folge davon können die Innenhöfe umgestaltet und einer dem Quartier besser entsprechenden Nutzung zugeführt werden. Zudem ist die Aktivierung der bis dahin brachliegenden Ausnützungsreserve wirtschaftlich sehr interessant.
Entwicklung des Surber-Areals
Eine dieser Blockrandbebauungen steht direkt am Hardplatz zwischen Hohl-, Sihlfeld- und Ernastrasse. Dort wurde die Firma Surber Metallbau AG vor mehr als 100 Jahren gegründet. Der Hardplatz befand sich noch auf freiem Feld, und erst einzelne Häuser deuteten die Expansion der Stadt an. Seither hat das Unternehmen die Fläche vor der freistehenden Werkstatt und dem später entstandenen Innenhof der Blockrandbebauung als Produktionsstandort genutzt.
Im Jahr 2015 verlegte das Metallbauunternehmen seinen Standort aus den genannten Gründen in die Agglomeration der Stadt Zürich. Der Immobilienbestand der Surber Metallbau AG wurde seit der Firmengründung stetig erweitert, sodass heute ein grosser Teil der Blockrandbebauung in deren Besitz ist. Das mittlerweile rund 7000 m2 grosse Areal umfasst Wohn- und Gewerbenutzung und liegt an einem Verkehrsknotenpunkt in der Stadt Zürich. Nach dem Wegzug des Metallbauunternehmens stellte sich die Frage nach der zukünftigen Nutzung des Areals. Surber beauftragte Brandenberger+Ruosch AG mit der entsprechenden Entwicklungsaufgabe und wählte damit bewusst einen neutralen Partner ohne Interesse an Planungs- oder Ausführungsleistungen.
Ausnützungsreserve aktiviert
In einem ersten Schritt wurde ein konzeptionelles Vorgehen für die Projektentwicklung skizziert. Dieses beinhaltete die Analyse des Bestandes aus bautechnischer und ökonomischer Sicht. Die Bau- und Zonenordnung diente als Grundlage für erste Variantenstudien anhand von Flächen und Volumen. Ein Vergleich mit dem Ist-Zustand zeigte das flächenmässige Potenzial des Areals auf. Die zu erwartenden Investitionskosten liessen sich mit Kennwerten abschätzen. Eine erste Rentabilitätsschätzung motivierte die Bauherrschaft dazu, weitere Investitionen zu tätigen.
Für die folgende Testplanung wurde ein zusätzliches Planungsteam beigezogen. Dieses bestand aus Architekt, Haustechnik-, Bauingenieur und Kostenplaner, und erarbeitete Volumenstudien und Haustechnikkonzepte, welche die Bauherrschaft fortlaufend prüfte und bewertete. Der Kostenplaner hinterlegte die Studien mit Kostenkennzahlen und erstellte eine erste Kostenschätzung mit einer Genauigkeit von ± 25%. Die Vielzahl von volumetrischen Möglichkeiten reduzierte sich im Laufe der Testplanung auf zwei verbleibende Varianten. Brandenberger+Ruosch AG koordinierte die gesamte Testplanung und bereitete die Resultate managementgerecht auf. Der resultierende Testplanungsbericht ermöglichte der Bauherrschaft einen fundierten Entscheid über das weitere Vorgehen. Im vorliegenden Fall war dies die Beauftragung zweier Generalplanerteams mit der Ausarbeitung und späteren Realisierung von Um- und Neubauten mit 73 zusätzlichen Wohnungen, 8 Ateliers und 6 Gewerbeflächen auf dem Surber Areal.
Der Nutzen für alle direkt und indirekt Beteiligten sowie Betroffenen ist augenfällig. Die Firma Surber Metallbau AG, welche bisher in sehr beengten Verhältnissen arbeiten musste, profitiert von einem neuen Produktionsstandort, in welchem die Arbeitsabläufe optimiert sind. Am alten Standort konnte dadurch die Ausnützungsreserve aktiviert und das Investitionsprojekt ausgelöst werden. Die Nachbarn wiederum werden von dem teilweise störenden Gewerbelärm befreit und erhalten zwei ruhige, begrünte Innenhöfe.
Höhere Attraktivität des Standorts
Rückblickend lässt sich Folgendes festhalten: Die erschwerten Bedingungen, unter welchen die Firma Surber Metallbau AG arbeiten musste, regte die Eigentümerin an, sich Gedanken zu einer besseren Nutzung des Areals zu machen. Dies führte zu mehreren Entscheidungen, welche eine Reihe von Aufwertungen mit sich brachten. Die Umnutzung des Areals mitsamt optimierter Ausnützung, verbessert nicht nur die Wohnqualität im Innern, sondern auch die Aussenraumgestaltung und dadurch die Wahrnehmung im direkten Umfeld sowie darüber hinaus im ganzen Quartier. Durch die gesteigerte Attraktivität des Standorts und einer positiveren Wahrnehmung von Dritten kommt dies wiederum der Eigentümerin zugute. Als Grundlage für ihre Entscheidungen dienten der Bauherrschaft die fundierte und professionelle Überprüfung der Gegebenheiten sowie das Aufzeigen von Optionen. Dies verschaffte ihr die notwendige Sicherheit, um die richtigen strategischen Entscheide zu treffen, welche nun zu einer Qualitätssteigerung auf mehreren Ebenen geführt haben.
Entsprechend brachliegendes Potenzial ist bei vielen Blockrandbebauungen mit Innenhöfen vorhanden und sollte im Zuge der propagierten inneren Verdichtung auch genutzt werden. Es ist zu hoffen, dass viele Eigentümer solche Potenziale erkennen und damit sowohl sich als auch den Mietern neue Chancen eröffnen.
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