Brandenberger+Ruosch AG (B+R) setzt sich seit der Gründung im Jahr 1965 intensiv mit Managementleistungen auseinander. Derzeit arbeiten 35 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den drei Standorten Dietlikon (Zürich), Bern und Luzern. Die Bauherrenberatung ist die wichtigste Kernkompetenz des Unternehmens. Aufgrund der Nachfrage werden auch Dienstleistungen aus dem Bereich der Unternehmensberatung im ähnlich gelagerten Umfeld angeboten. Sämtliche Aktien des Unternehmens sind seit 2003 im Besitz von Dr. Markus Kellenberger und Lorenz Held.
IMMOBILIEN Business sprach mit den Leitern des Unternehmens über Qualitätsmerkmale und die Rolle von Führung und Unabhängigkeit.
Bauherrenberatung ist international gesehen eine relativ junge Branche – wie ist der Stand in der Schweiz?
Markus Kellenberger: Im Vergleich zu andern Branchen wie der Mobilkommunikation ist die Bauherrenberatung in der Schweiz eine sehr etablierte Branche. Unser Unternehmen existiert seit 1965, spielte damals eine Pionierrolle und setzt bis heute Massstäbe. Unsere Dienstleistungen wurden in den Siebzigerjahren beispielsweise für den Kernkraftwerkbau bis nach Japan exportiert. Auch die erste Etappe des Münchner Flughafens wurde mit unserer Unterstützung realisiert. Von junger Branche beziehungsweise jungem Unternehmen kann also kaum die Rede sein.
Sind die Aufgabenbereiche, die Sie abdecken, für Profis klar oder gibt es Abgrenzungsprobleme gegenüber anderen Baudienstleistern wie etwa Projektentwicklern?
Lorenz Held: Die Abgrenzung ist denkbar einfach. Die Bauherrenberatung wird, wie das Wort schon sagt, auf Seite der Bauherrschaft erbracht. Der Bauherrschaft kommen in jeder Projektphase von der Entwicklung bis zur Fertigstellung und Inbetriebnahme eines Objektes ganz zentrale Aufgaben zu.
Das bedeutet?
Held: Eine professionell organisierte Bauherrschaft führt in jeder Phase aktiv den Gesamtprozess und lässt sich nicht von den verschiedenen Baubeteiligten wie Projektentwicklern, Architekten, Totalunternehmern et cetera an die Hand beziehungsweise «die Karten aus der Hand» nehmen.
Ist das nicht selbstverständlich?
Kellenberger: Es gibt hier einen grossen Interpretationsspielraum. Es ist entscheidend, ob ein Projekt geführt oder nur begleitet wird. B+R betreibt die Bauherrenberatung ausschliesslich aus der Optik des Führens, sei dies als Projektleiter-Bauherr oder als dessen Stabsstelle. Wir halten die Fäden immer in der Hand.
Das tönt nach relativ umfassenden Aufgaben und hohem Aufwand ...
Held: Unsere Einsätze sind in der Regel ganz klar auf eine umfassende Projektführung ausgerichtet und natürlich mit Aufwand verbunden. Dem Aufwand steht aber auch der entsprechende Nutzen gegenüber: Der Bauherr kauft die Sicherheit eines absolut systematischen Projektablaufes ein und ist durch das managementgerechte Reporting jederzeit über den wirklichen und aktuellen Projektstand informiert. Das heisst: er kennt jederzeit die Risiken, kann diese tragen oder Massnahmen dagegen einleiten. Teilweise sind wir aber auch punktuell im Einsatz, beispielsweise wenn wir mit Projekt-Audits oder Projekt-Due-Diligences beauftragt werden.
Müssen Ihre Kunden Profis sein, um mit Ihnen zusammenzuarbeiten?
Kellenberger: Viele unserer Kunden sind Profis und verfügen teilweise sogar über Baufachorgane im eigenen Unternehmen. In diesen Fällen werden bei uns entweder Kapazitäten für Leistungsspitzen oder Spezial-Knowhow eingekauft. Ferner werden unsere Leistungen auch von Seite Controlling in Grosskonzernen geschätzt. Dabei geht es um die «Überwachung» der eignen Spezialisten, beispielsweise im Auftrage des Verwaltungsrates. Stichwort «übergeordnetes Controlling». Held: Daneben gibt es aber auch zahlreiche Kunden, die auf uns zurückgreifen, weil sie selten bauen und im eigenen Unternehmen nicht über die notwendige Fachkompetenz verfügen.
Über welche Kernkompetenzen muss ein Bauherrenberatungsunternehmen heute verfügen?
Held: Wer Bauherren beraten will, muss selbstverständlich über umfassende Kompetenz im Bereich Projektmanagement verfügen – das heisst vor allem in den Hauptthemen Leistung, Kosten, Termine, Organisation und Öffentlichkeitsarbeit firm sein. Darüber hinaus sollte man mit allen Aspekten der Bautechnik und der Architektur vertraut sein. Auch wenn diese Themen nicht im Detail von uns behandelt werden, ist ein grosses Basiswissen, infolge des vorher erwähnten Anspruchs der aktiven Projektführung, absolut unabdingbar.
Was bedeutet dies für Ihre Personalpolitik?
Kellenberger: Grundsätzlich kommen nur bestausgebildete Personen für solche Funktionen in Frage. Wir setzen ausschliesslich Personal mit Hochschul- oder Fachhochschuldiplom ein. Etwa die Hälfte unser Mandatsleiter verfügt zudem über ein betriebswirtschaftliches Zusatzstudium. Neben den Personen ist das im Unternehmen vorhandene und abrufbare Know-how für den Erfolg entscheidend.
Was halten Sie von der Zertifizierung von Projektmanagern?
Kellenberger: Die Zertifizierung von Projektmanagern ist eine gute Sache. Sie hilft, Professionalität ins gesamte Gebiet des Projektmanagements zu bringen; also beispielsweise auch bei Architekturbüros, Generalunternehmungen und so weiter. Sie hilft insbesondere dann, aber nicht nur dann, wenn dadurch andere Ausbildungsdefizite wett gemacht werden können.
Sind Ihre Mitarbeiter zertifiziert?
Kellenberger: Nein – wir haben uns für einen anderen Weg entschieden. Denn zum einen ist das Ausbildungsniveau unserer Mandatsleiter, wie schon erwähnt, sehr hoch. Zum anderen stellen wir die einheitlich hohe Qualität unserer Dienstleistung bewusst nicht durch die zusätzliche Zertifizierung von Personen, sondern durch eine umfassende Qualitätssicherung auf Stufe Gesamtunternehmen und dessen Zertifizierung sicher. Wir sind seit 1994 nach ISO9001 zertifiziert.
Ist es schwierig, Mitarbeiter mit dem erforderlichen Know-how zu finden?
Held: Es gibt keine spezielle Ausbildung als Bauherrenberater. Aber wenigstens bestehen heute Studienangebote an der ETH und an den Fachhochschulen im allgemeinen Projektmanagement. Noch wichtiger ist für uns aber die Basisausbildung als Architekt oder Bauingenieur. In diesem Umfeld sind wir bekannt und die Rekrutierung fällt dadurch in der Regel relativ leicht. Das eigentliche Handwerk lernen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weitgehend bei uns.
Kellenberger (lacht): Ausserdem: In den 44 Jahren seit der Gründung unseres Unternehmens mussten wir noch nie einen Mitarbeiter aus wirtschaftlichen Gründen entlassen. Diese Unternehmenskultur hilft natürlich auch, gutes Personal zu rekrutieren!
Wer zählt zu den Hauptauftraggebern Ihrer Branche?
Held: Die öffentliche Hand, das heisst, der Bund, die Kantone, Gemeinden oder Schulbehörden. Diverse Verkehrs- und Infrastrukturunternehmen und natürlich private Investoren wie Banken, Versicherungen, Hotels et cetera, aber auch die Industrie. Bei B+R verteilen sich öffentliche und private Mandate je etwa zur Hälfte auf den Gesamtumsatz.
An welchen Projekten arbeiten Sie derzeit?
Held: Unser Portfolio ist sehr gross. Wir bearbeiten ständig ein Projektvolumen von mehreren Milliarden Franken. Ich nenne deshalb stellvertretend ein paar «Wahrzeichen»: Schweizerisches Landesmuseum in Zürich, Bundeshaus in Bern, Messe Basel, Bahntechnik Alptransit Gotthard, diverse Bahnhof- und Bürogebäudeprojekte der SBB und andere.
Bei einem Treffen der Group of Fifteen in Zürich erklärte Samih Sawiris, der gerade in Andermatt ein RiesenVorhaben gestartet hat, als ausländischer Investor in der Schweiz müsse man vor allem eins mitbringen: Geduld. Wäre ihm mit einer profunden Bauherrenberatung geholfen?
Kellenberger: Die Bemerkung von Herrn Sawiris zielt auf den politischen Prozess, welcher nicht einfach umgestülpt werden kann – sowie auf die hohe Regulierungsdichte – durch die der Investor allerdings auch eine hohe Rechtssicherheit erhält.
Anders gefragt: Lassen sich Grossprojekte wie das in Andermatt ohne Bauherrenberater realisieren?
Kellenberger: Eher nicht – denn zum einen ist profundes Bauherren-Knowhow unabdingbar, zum anderen stellt sich hier auch die Kapazitätsfrage. Meines Wissens hat Herr Sawiris diese Zusammenhänge im Griff und in der Schweiz bereits ein eigenes Baufachorgan unter fachkundiger Führung aufgebaut. Ferner sind Ausschreibungen für entsprechende Dienstleistungen im Gange, das heisst, er wird sich offensichtlich auch Bauherrenberater ins Boot holen.
Als relativ stabiles Land gerät die Schweiz in jüngster Zeit immer mehr ins Visier ausländischer Investoren und Projektentwickler. Stellen Sie eine zunehmende Nachfrage seitens Nichtschweizer Marktteilnehmer fest?
Held: Nicht in dem Mass, wie man denken könnte. Der Grund dafür ist, dass oft bereits realisierte oder realisierungsreife Immobilienprojekte gekauft werden, bei denen die Teams schon gebildet sind.
Begleitet Ihr Unternehmen Investoren oder Projektentwickler auch bei Vorhaben im Ausland?
Held: Nein, nur in Ausnahmefällen. Die Kenntnisse über die lokalen Normen und Regulierungen haben in den letzten Jahrzehnten massiv an Bedeutung gewonnen. Lokale Spezialisten sind daher meist im Vorteil. Allerdings führen wir immer wieder punktuelle Projektaudits für Schweizerfirmen im Ausland durch.
Die Finanzmarktkrise wirft seit Monaten ihren Schatten auf die weltweiten Immobilienmärkte. Projekte werden gestoppt oder gar nicht erst angefangen. Dämpft dies die Auftragslage der Bauherrenberater oder die Ihres eigenen Unternehmens?
Kellenberger: Da der Schweizer Immobilienmarkt noch wenig betroffen ist, kann noch nicht von einer Dämpfung gesprochen werden – eine präzise Antwort kann aufgrund der Langfristigkeit von Bauprojekten daher nur mit Zeitverzug gegeben werden. Aus der Erfahrung vergangener Jahrzehnte leiten wir ab, dass in einer Krise zwar weniger gebaut, dafür der Bedarf an professionellem Projektmanagement zunimmt. Diese Aspekte haben sich in den letzten Rezessionen immer die Waage gehalten.
Auf dem Bauherrenberatungsmarkt gibt es inzwischen viele Unternehmen, auch aus dem Ausland drängen Wettbewerber auf den Markt. Wird der für ein Unternehmen wie die B+R dadurch «enger»?
Kellenberger: Unsere Mitbewerber rekrutieren sich primär aus dem Inland, zum Beispiel aus Planungsunternehmen, welche ein zusätzliches Standbein suchen oder haben. Reine und damit komplett unabhängige Bauherrenberater mit einer vergleichbaren Grösse sind sowohl in der Schweiz als auch im europäischen Ausland selten.
Was bedeutet, «komplett unabhängiger Bauherrenberater»?
Kellenberger: Unser Wirken ist ausschliesslich und konsequent auf die Bauherrenseite ausgerichtet. Eine der Voraussetzungen dafür ist, in jeder Situation wirklich völlig unabhängig agieren zu können. Daher bieten wir neben den Bauherrenleistungen keine anderen Bauleistungen an. Stellen Sie sich vor, Sie müssten bei einem Grossprojekt als Bauherrenberater einem Unternehmen «auf die Finger schauen», mit dem sie für ein anderes Projekt gemeinsam eine Submission bestritten haben ...
Held: Solche Situationen sind sehr konfliktträchtig – man sollte sie besser vermeiden. Daher haben wir uns ganz bewusst für diesen Weg entschieden – und das war gut so: Die öffentlichen und privaten Kunden schätzen die effiziente und pragmatische Vorgehensweise bei der Projektabwicklung wie bei der Teamführung.
Bringt die Unabhängigkeit einen Wettbewerbsvorteil, ist sie ein Alleinstellungsmerkmal Ihres Unternehmens?
Kellenberger: Kleinere, ebenfalls unabhängige Anbieter gibt es selbstverständlich in der Schweiz. Diese treten auch oft mit etwas tieferen Stundensätzen im Markt auf. Bei grossen Projekten stellen sich in der Zusammenarbeit mit diesen Unternehmen oder Personen beispielsweise die Fragen nach der Stellvertretung wie auch nach dem Know-how und nach den Kapazitäten bei Spitzenbedarf. Beide Seiten haben Ihre Daseinsberechtigung, sind aber nur beschränkt vergleichbar.
Zum Abschluss noch eine persönliche Frage: Macht Ihnen Ihr Beruf Spass?
Held: Sicher, sehr sogar! Kein Projekt ist wie das andere. Die Arbeit ist anspruchsvoll – sie stellt einen vor immer neue Herausforderungen. Hat man sie gemeistert, dann ist das schon ein sehr gutes Gefühl!
Kellenberger: Zudem: Die Zeit bleibt nicht stehen. Man kann sich in unserem Beruf nie bequem zurücklehnen und sagen: Gut, das war’s. Will man am Markt bestehen, ist Top-Qualität gefragt. Und um diese zu bieten, muss man sein Wissen immer auf dem aktuellen Stand halten. Der Prozess des Neu-dazu-lernens, der Auseinandersetzung, hält damit permanent an. Und das hält jung!