Ausgangslage
Die Zentrumsgemeinde Ruswil zählt flächenmässig zu den grössten Gemeinden der Schweiz. Der geschichtsträchtige Ort verfügt über ein Ortsbild von nationaler Bedeutung. Einst wurde die CVP Schweiz im katholischen Ruswil gegründet. Seit 2010 treibt die Gemeinde die Planung einer Zentrumsüberbauung samt neuem Gemeindehauses voran. Durch das neue Gemeindehaus will die Gemeinde einen Beitrag zur notwendigen Aufwertung des Ortskernes leisten. Im Jahre 2014 wurde deshalb ein Planungskredit durch die Stimmbevölkerung bewilligt, im Jahr 2017 wurde der Baukredit von der Stimmbevölkerung klar abgelehnt. Dadurch ist ein finanzieller Schaden entstanden. Auch wurde die Art und Weise hinterfragt, mit welcher Bauprojekte in der Gemeinde abgewickelt werden. Um Vertrauen zu bilden, wurde an einem runden Tisch zwischen den Beteiligten eine breit abgestützte Projektgruppe ins Leben gerufen. Die dreizehnköpfige Projektgruppe besteht aus je zwei Vertretern der Ortsparteien, einem Vertreter des Gewerbevereins und von Los! Ruswil, einem Vertreter des Gemeinderates sowie leitenden Mitarbeitern der Gemeinde Ruswil als Bauherren- und Nutzervertreter. Der Auftrag wurde seitens von B+R in den folgenden vier Phasen abgewickelt.
Phase 1: Raumprogramm
Im ersten Arbeitsschritt wurden die Grundlagen mittels Recherche und Interviews zusammengetragen. Eine Begehung der bestehenden Gebäude, zeigte den Bedarf und den Handlungsspielraum am bestehenden Standort auf. Mit der Projektgruppe wurde das Raumprogramm auf der Grundlage der kantonalen Flächenstandards für Verwaltungsbauten sowie Normen zur Bemessung von Anlagen (Parking, Schutzräume, Archiv, etc.) erarbeitet. Annahmen zur Regionalentwicklung und der damit verbundenen möglichen Aufteilung der Verwaltungsaufgaben unter den Gemeinden sowie neue Job-Profile mit neuen Arbeitsplatz- und Arbeitszeitmodellen, führten auf Basis der Personaleinsatzliste zu den Angaben für die Bildung von Raumreserven. Das Raumprogramm wurde tabellarisch und geschossweise auf Basis der funktionalen und räumlichen Zusammenhänge der einzelnen Verwaltungseinheiten aufgebaut. Das von allen Mitgliedern der Projektgruppe unterzeichnete Raumprogramm, dient später bei der Standortanalyse als Kriterium für die Eignung eines Standortes.
Phase 2: Standortanalyse
Im zweiten Arbeitsschritt wurden mögliche Standorte von den Mitgliedern der Projektgruppe eingebracht. Danach wurden in der Projektgruppe Standortkriterien und Ausschlusskriterien definiert. Es wurden insgesamt 14 Standortvorschläge eingebracht. Der daraus entstandene Standortwettbewerb wurde analog zur Jurierung eines Konkurrenzverfahrens ausgetragen: Alle Standortoptionen wurden mit den festgelegten Kriterien bewertet, wodurch in einem ersten Rundgang fünf Standorte ausgeschieden werden konnten. Jedes Mitglied der Projektgruppe bewertete in der Folge die verbliebenen Standorte unter Anwendung der Ausschlusskriterien individuell (= Selbstbild der Projektgruppe). B+R hat aus der Aussenperspektive eine unabhängige Nutzwertanalyse (= Fremdbild) mit über 30 Kriterien erstellt, welche im Anschluss an die Bewertung mit dem «Selbstbild der Projektgruppe» vergleichend diskutiert werden konnte. Über dieses abgestufte Ausscheidungsverfahren mit mehreren Rundgängen, verblieben fünf Standorte in der engeren Wahl. Schliesslich wurden die verbliebenen Standorte mit rund einem Dutzend potenziellen Kostenindikatoren verglichen (zum Beispiel topografische und bauliche Kostenindikatoren, mögliche Skaleneffekte durch Partizipation an einer Zentrumsüberbauung). Die Standortanalyse bildete die Grundlage für die Standortevaluation.
Phase 3: Standortevaluation
Aus der Gesamtübersicht der drei erwähnten Analysebestandteile (Selbstbild, Fremdbild, Kostenindikatoren) hat die Projektgruppe zwei Standorte für eine Konsultativabstimmung bestimmt. Die drei weiteren Standorte der engeren Wahl dienen als Backup-Varianten. Dies für den Fall, dass eine der beiden favorisierten Varianten aufgrund der Verhandlungen mit den Grundeigentümern scheitern sollte. Im nächsten Arbeitsschritt galt es, die Machbarkeit in der Phase der strategischen Planung sicherzustellen; indem Grundeigentümergespräche und darüber hinaus Absichtserklärungen (LOI) erstellt und gegenseitig unterzeichnet wurden.
Damit konnten wertbeeinflussende Faktoren wie der Landpreis und die Regelung für diverse Kostenübernahmen, zwischen den Parteien im Vorfeld der Abstimmung den Stimmberechtigten bekannt gemacht werden. Für beide Standorte wurden mit der Projektgruppe und mit den Grundeigentümern phasengerechte Projektpflichtenhefte erstellt. Sämtliche Dokumente aus den bisher erwähnten Arbeitsschritten (Raumprogramm, Standortanalyse / Standortevaluation, Projektpflichtenhefte) wurden von den einzelnen Mitgliedern der Projektgruppe zur Sicherstellung der korrekt erfassten Bedürfnisse unterzeichnet und den Verlauf der Entscheidung protokolliert.
Phase 4: Standortabstimmung
Die Projektgruppe und der Gemeinderat beantragtenden Stimmberechtigten mittels einer umfassenden Botschaft, den Standort für das zukünftige Gemeindehaus aus den folgenden zwei Optionen zu wählen: 1. Standort Dorfkern Südwest Der Standort erhielt die höchste Gesamtpunktzahl. Die Arealentwicklung und die Planung beim Standortvorschlag Dorfkern Südwest (Areal Landi) ist bereits angelaufen. Der Standort weist eine gute Sichtbarkeit am Ort sowie sehr gute Erschliessungseigenschaften, kurzum eine gute Mikrolage im Zentrum der Gemeinde auf. Die Platzverhältnisse lassen eine zwanglose wirtschaftliche bauliche Lösung auf dem Areal zu. Durch den Umstand, dass ein Areal von mehr als 5000 m2 neu überbaut werden kann, entstehen überdies klare Kostenvorteile: Dies ganz konkret in Form von Skaleneffekten bei der Parkierung, Teilen der Gebäudetechnik, den Umgebungsarbeiten und bei den Baunebenkosten. Zusatznutzungen können nach Bedarf bzw. Nachfrage am Markt durch den Projektentwickler realisiert werden und können politisch losgelöst vom Projekt Gemeindehaus betrachtet werden. 2. Standort Dorfkern West Wesentliche Projektbestandteile, welche zur Ablehnung der Abstimmung um den Baukredit geführt haben, sind heute nicht mehr Bestandteil des Projektes. Aufgrund der Hanglage, der begrenzten Grundfläche und der hohen Einbindetiefe in den Baugrund ist eine unterirdische Parkierung unwirtschaftlich und die örtlichen Verhältnisse lassen keine grösseren, oberirdischen Parkierungsflächen zu. Zum Landpreis hinzu kommen bei dieser Standortoption die Kosten für den Abbruch der Bestandesbauten und die Entsorgung von belastetem Material.
Weiteres Vorgehen
Um das Projekt «Neubau Gemeindeverwaltung» vorantreiben zu können, muss ein Entscheid zum Standort gefällt werden. Der Gemeinderat hat auf Antrag der Projektgruppe entschieden eine Konsultativabstimmung durchzuführen. Eine Konsultativabstimmung ist rechtlich nicht bindend. Um den Entscheid breit abzustützen, erfolgt die Konsultativabstimmung im Urnenverfahren. Nach der Konsultativabstimmung wird der Gemeinderat die Planung des Gemeindehauses am ausgewählten Standort an die Hand nehmen. Es ist davon auszugehen, dass den Stimmberechtigten im Jahre 2021 ein Baukredit unterbreitet werden kann. Nach Abschluss des Projektes ist geplant, die bestehenden Gemeindehausliegenschaften zu veräussern oder einer neuen Nutzung zuzuführen.
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