Wachstum und Schule
Im Jahr 1960 lebten im Kanton Zürich rund 950'000 Menschen. Der Kanton Zürich schätzt, dass 2050 die Einwohnerzahl gemäss kantonalem Prognosemodell auf ca. 2 Millionen wachsen wird. Allein in den letzten 10 Jahren nahm die Bevölkerung gemäss statistischem Amt des Kantons Zürich um rund 13% zu. Dieses Wachstum schlägt sich nicht nur unmittelbar in der raschen Zunahme des Wohnraums nieder, sondern auch in einer deutlichen Zunahme der öffentlichen Infrastruktur in den Bereichen Verwaltung, Bildung, Sport, Kultur, Gesundheit, Ver- und Entsorgung.
Der Bedarf nach Wohnraum wird zum grössten Teil durch private Investoren und Bauherrschaften bereitgestellt. Die öffentliche Infrastruktur stellen hingegen in der Regel Bund, Kantone, Gemeinden bzw. deren beauftragte öffentlich-rechtliche Anstalten. Die rechtzeitige Bereitstellung entsprechender öffentlicher Infrastruktur stellt angesichts des starken Wachstums insbesondere für Gemeinden eine Herausforderung dar (siehe schematische und vereinfachte Abbildung).
Strategien
Mit dem Bevölkerungswachstum steigt die Anzahl der Schüler und in gleichem Masse der Bedarf nach Schulraum.
Da die Schülerzahlen generell etwas schwanken, kann ein Anstieg zunächst durch eine Verdichtung der Nutzungen innerhalb der bestehenden Schulraumkapazitäten aufgefangen werden – man rückt zusammen. Solange der Anstieg der Schülerzahlen als übliche Schwankung und nicht als anhaltender Trend festgestellt wird, erscheinen langfristige Massnahmen wie der Neubau neuer Schulhäuser zu diesem Zeitpunkt unverhältnismässig aufwändig und kaum vertretbar.
Hält ein Anstieg der Schülerzahlen an, erscheinen Provisorien als ein probates Mittel, die Schulraumkapazitäten zeitnah und flexibel auszubauen. Schulraum lässt sich so entsprechend dem Bedarf zumindest vorübergehend flexibel anpassen – halbe Sachen eben, im positiven Sinn. Ein Beispiel dafür sind Systembauten, die auf bestehenden Schularealen errichtet werden und in der Stadt Zürich als Züri-Modular Pavillon mittlerweile im Stadtbild alltäglich sind. Die Grundstücke sind in dem Fall bereits erschlossen, Modul- und Systembauten erfordern verhältnismässig kurze Planungs- und Ausführungszeiten und die Projektgrössen und -kosten erfordern keine Urnenabstimmungen. Allerdings werden für Schulen wertvolle Frei- und Spielflächen belegt.
Der Bedarf ist zu diesem Zeitpunkt womöglich bereits dringend, allerdings noch nicht ausreichend, ein Projekt für ein komplettes Schulhaus zu initiieren. Ein Grundstück müsste erschlossen werden, Planung und Ausführung wären aufwändiger, kostenintensiver und entsprechend langwierig. Das Bevölkerungswachstum der letzten 60 Jahre lässt allerdings erahnen, dass auch die mittelfristige Strategie der Provisorien früher oder später an Grenzen stösst.
Der nächste und aufwändigste Schritt ist der Neubau eines Schulhauses, der mit einer einzigen Massnahme neuen Schulraum zur Verfügung stellt. Wurden bis zum Start eines Neubauprojektes die kurzfristigen (Nutzungsverdichtung) und die mittelfristigen Strategien (Provisorien) erschöpfend in Anspruch genommen, führen weiter steigende Schülerzahlen zu einer erhöhten Dringlichkeit. Allerdings vergehen für ein Neubauprojekt von der Bedarfsfeststellung bis zur Fertigstellung erfahrungsgemäss mindestens 6 bis 7 Jahre. Demensprechend früh sollten Schulhausprojekte im Idealfall starten, wenn die Kapazitäten der Provisorien noch längst nicht ausgeschöpft und deren weiterer Ausbau möglich sind.
Zum Vergleich: Wohnüberbauungen einer Grössenordnung von 150 Einheiten benötigen von der Planerwahl bis zur Fertigstellung etwa 4-5 Jahre. Der Wohnungsbau kann demnach aufgrund der kürzeren Planungs- und Ausführungszeit schneller auf das Wachstum der Bevölkerung reagieren als Schulneubauprojekte.
Die Herausforderung für die Schulraumplanung besteht in der Analyse und Einschätzung der Ursachen für die Steigerungen des Schulraumbedarfs. Langfristigen Wachstumstrends lässt sich nur bedingt und zeitlich begrenzt mit mittelfristigen Lösungen begegnen. Stellt die Analyse einen langfristigen Trend steigender Schülerzahlen fest, sollte spätestens zu diesem Zeitpunkt eine Schulraumstrategie entwickelt werden. Diese stellt im Idealfall sicher, dass allfällig erforderliche Neubau-/Erweiterungsprojekte frühzeitig gestartet werden, damit der Schulraum zur Verfügung steht, bevor die Möglichkeiten der Nutzungsverdichtung und Provisorien ausgereizt sind.
Kapazität und Kompetenz
Instandhaltung und Instandsetzung der öffentlichen Infrastruktur verantworten Mitarbeitende der jeweiligen Gemeinde. Die Instandsetzungen erfordern je nach Umfang kleinere oder grössere Projektorganisationen. Mit dem Bevölkerungswachstum und der entsprechend notwendigen Erweiterung der Infrastruktur gehen dementsprechend auch personelle Erweiterungen und Umstrukturierungen der betreffenden Organisationen wie Hochbau- und Immobilienämtern einher, um das wachsende Volumen der Immobilien und Projekte zu bewältigen.
Die Erweiterungen kommunaler Immobilienportfolios werden oftmals in Form von Projekten umgesetzt – Schulraum wird nur selten hinzugekauft. Das Portfoliomanagement der Immobilienämter kommt je nach Organisationsgrösse und Know-how hierbei manchmal an seine Grenzen und bedarf daher manchmal einer externen, temporären Unterstützung. Die Hochbauämter dagegen sind gerade bei mittelgrossen und kleinen Gemeinden oftmals bzgl. Kapazität und Know-how überfordert: Die Aufgaben in der Immobilienverwaltung und im Portfoliomanagement unterscheiden sich erheblich gegenüber den Aufgaben zur Steuerung von Bauprojekten. Insbesondere für mittelgrosse und kleine Gemeinden und Städte, die nicht laufend und gleichzeitig mehrere Hochbauprojekte abwickeln, bedeutet das Wachstum eine Herausforderung: Es geht nicht nur um eine Aufstockung der Anzahl der Mitarbeitenden (Kapazität), weil sich der Umfang der Leistungen, die bisher erbracht werden, vergrössert. Vielmehr erfordert die Dynamik des Wachstums und der neuen Anforderungen eine verstärkte Wissensverbreiterung, wenn nicht gar den Aufbau von neuen Kompetenzen im Projektmanagement (Know-how).
Eine Herausforderung und ein Schwerpunkt des Projektmanagements, die insbesondere für Schulbauprojekte bedeutend ist, liegt im Verhältnis und dem Umgang mit der Zeit bzw. der Geschwindigkeit der Projektabwicklung: Bauprojekte entwickeln während der Projektierung eine treibende Wirkung. Während in frühen Projektphasen die Bauherrschaft weitestgehend die Geschwindigkeit des Projektfortschritts prägt, bestimmt und fordert das Projekt spätestens ab der Projektierungsphase eine entsprechende Reaktionsgeschwindigkeit aller Beteiligten.
Flexibilität und Stabilität
In den letzten Jahren prägten Themen wie Ganztagesbetreuung, Inklusion, Digitalisierung und Lernlandschaften die Anforderungen an Schulprojekte. Zwischen dem Zeitpunkt, bis zu welchem die Anforderungen an einen Schulneubau in einer Bestellung zusammengetragen werden, und der Fertigstellung des Schulhauses liegen in der Regel mehrere Jahre. In dieser Zeit verändern sich die Anforderungen an den Unterricht und die Betreuung der Lernenden deutlich, wie die Erfahrung zeigt. Projektänderungen sind daher eine Notwendigkeit, um zeitgemässen Schulraum zur Verfügung stellen zu können. Andererseits sind die Ressourcen und die Reaktionsmöglichkeiten je nach Projektphase eingeschränkt. Projekte sollen planbar und prognostizierbar bleiben.
In der Regel ist es die Nutzung, die sich während des Projektes wandelt und zu veränderten Anforderungen führen. Demgegenüber stehen die Interessen der Bauherrschaft an einem stabilen Projektverlauf, insbesondere hinsichtlich Kosten und Termine. Die Interessen der Nutzenden, der Bauherrschaft und der weiteren Anspruchsgruppen bedürfen einer professionellen Abwägung und Integration. Ein professionelles Projektmanagement schafft den richtigen Rahmen zwischen den Projektbeteiligten, um sich verändernden Bedingungen gerecht zu werden und um einen ordentlichen Projektablauf zu gewährleisten.
Beteiligte
In einem Bauprojekt treffen unterschiedliche Kommunikationskulturen, Arbeitsweisen und Perspektiven aufeinander. Für Schulbauprojekte gilt dies ganz besonders. So unterscheiden sich beispielsweise Kultur und Umgang von Schulbetrieb und Projektierung oder Realisierung. Ein Schulbauprojekt konfrontiert alle Beteiligten mit den Gewohnheiten, Gepflogenheiten und dem Kommunikationsstil der jeweils anderen Gruppe, was in der Zusammenarbeit eine Herausforderung darstellt. Professionelles Projektmanagement steuert daher auch die Kommunikation und Zusammenarbeit mit sehr unterschiedlichen Interessensgruppen.
Fazit
Schulraumstrategie, Projektgeschwindigkeit, Flexibilität, Stabilität und eine hohe Anzahl Projektbeteiligter unterschiedlicher Kommunikationskulturen stellen insbesondere im Fall von Schulbauprojekten hohe Anforderungen an die Führungs- und Methodenkompetenz der Projektbeteiligten.
Vor dem Hintergrund der aktuellen Dynamik des Bevölkerungswachstums ist Professionalität im Projektmanagement in besonderem Masse gefordert.
Die Brandenberger+Ruosch AG verfügt über langjährige Erfahrung sowohl in der Entwicklung von Schulraumstrategien als auch in der professionellen Steuerung anspruchsvoller Schulbauprojekte. Wir unterstützen Sie gerne und kompetent.